~ Unter der schönen Oberfläche des Meeres ~

Kurzfassung

"Unter der schönen Oberfläche des Meeres" ist die zweite von drei Lotsengeschichten, die um ca. 1500 n.Chr. im Indischen Ozean spielt. Die Hauptfigur ist der "Lotse" (Navigator) Ibn Majid, eine historisch verbürgte Figur, der Schiffkonvois von Afrika nach Indien und sogar China lotste. Einem solchen Lotsen haben die Portugiesen auch die Entdeckung des Seeweges nach Indien um Afrika herum zu verdanken. Dieser Lotste die Flotte Vasco da Gamas von der afrikanischen Ostküste nach Indien. Die navigatorischen Kenntnisse der Araber waren zur damaligen Zeit denen der Europäer überlegen.
In diesem Theaterstück zeigt Ibn Majid jungen Lotsen, dass alle navigatorischen Kenntnisse und Hilfsmittel jedoch nichts nützen, wenn unvorhersehbare Ereignisse auftreten, auf die ein Seefahrer aber immer gefasst sein muss. Hier kann die Seefahrt auch als das Leben interpretiert werden, die navigatorischen Kenntnisse und Hilfsmittel als alles das, was das Leben scheinbar sicher macht, wie z. B. technische Hilfsmittel, sozialer Standard usw.




Leseproben Rollentext:

1. Akt

Der Lotse

Fünf Erzähler kommen auf die Bühne und setzen (stellen) sich vor das rechte Bühnenbild. Arabische Musik ertönt.

Erzähler 1:    Vor vielen Jahren, zu der Zeit, als in den östlichen Meeren sogar portugiesische Karavellen nur selten anzutreffen waren, lebte in der Stadt Mombassa in Afrika am Ufer des Indischen Meeres der Lotse Achmed Ibn Majid.

Ibn Majid kommt auf die Bühne und setzt sich vor den niedrigen Tisch und schreibt. Er trägt einen großen Turban.

Erzähler 2:    Ibn Majid lotste Schiffe von den Küsten Afrikas nach Arabien, Persien, Indien, zu den Sundischen Inseln, ja sogar bis zum fernen China.

Erzähler 3:    Bei den Seefahrern und Kaufleuten, die diese Meere befuhren und dort Handel trieben, stand Ibn Majid in hohem Ansehen.

Erzähler 4:    Denn alle wussten: Die von Ibn Majid geführten Schiffe erreichten ihre Ziele mit großer Sicherheit.

Erzähler 5:    Befragt, warum es ihm immer wieder gelänge, Schiffe mit so großer Sicherheit auch zu den entferntesten Häfen zu führen, hätte Ibn Majid geantwortet, dass er dies den Segelanweisungen, die ihm sein Vater hinterlassen hatte, zu verdanken hätte.

Erzähler 1:    Sein Vater war nämlich auch Seefahrer gewesen und hatte auf seinen Reisen alles, was für die Schifffahrt wichtig war, aufgeschrieben und verzeichnet.

Erzähler 2:    So hatte er zum Beispiel Küstenlinien aufgezeichnet, vermerkt, wo Unterwasserriffe und Sandbänke drohten, wo und wie die Winde wehten, wo sichere Ankerplätze und Süßwasser zu finden waren und vieles mehr.

Erzähler 3:    Alles dies war zu einem dicken Buch angewachsen, das “Die Segelanweisungen für das Indische Meer” hieß. Dieses Buch hatte er seinem Sohn hinterlassen.

Ibn Majid hält das Buch hoch, so dass alle es sehen können.

Erzähler 4:    Ibn Majid führte die Arbeit seines Vaters fort. Auch er vermerkte auf seinen Reisen alles, was für die Schifffahrt wichtig war und verbesserte so die von seinem Vater hinterlassenen Segelanweisungen.

Erzähler 5:    Als Ibn Majid alt geworden war und nicht mehr selbst zur See fahren konnte, setzte er sich in seinem Haus in Mombassa, das ganz nah am Ufer des Meeres stand, zur Ruhe.

Erzähler 1:    Obgleich er jetzt nicht mehr selbst auf Reisen ging, arbeitete er dennoch weiter an seinen Segelanweisungen.

Erzähler 2:    Von jungen Lotsen und Kapitänen, die ihn oft besuchten, erhielt er immer wieder neue Hinweise über Küstenlinien, Unterwasserriffe, Strömungen und vieles mehr.

Erzähler 3:    Zum Dank erzählte er seinen Besuchern manchmal von den Erfahrungen seiner Reisen und gab ihnen Ratschläge für ihre Reisen.

Erzähler 4:    Eines Tages kamen wieder einmal drei junge Lotsen zu seinem Haus, um ihn zu besuchen.

Erzähler 5:    Von den jungen Lotsen wurde Ibn Majid "Muallim" genannt, das heißt Meister oder Lehrer.

 ....

2. Akt

Die Kraken

Das mittlere Bühnenbild zeigt jetzt zwei große, ineinander verschlungene Kraken. Auf der Bühne ist eine Dhau aufgebaut. In ihr sitzen Ibn Majid, der Kapitän und drei Matrosen. Von den Seeleuten wird Ibn Majid mit Lotse angeredet.

Ibn Majid:    Es war also, wie gesagt, auf einer Reise von Afrika nach Indien. Die Fahrt war bis zu dem Tag, von dem ich euch berichten will, völlig ereignislos verlaufen. Die Sonne hatte von einem nur leicht bewölkten Himmel geschienen, der Monsun hatte stetig geweht und unsere schwer mit Handelsgütern beladene Dhau hatte sich ununterbrochen gleichmäßig im Rhythmus einer leichten Dünung gehoben und gesenkt. So war es auch am 19. Tag. Doch da geschah folgendes.

Matrose 1:    (ruft laut) Aufgepasst, dort (zeigt darauf) muss etwas im Wasser liegen!

Alle schauen hin.

Matrose 2:    Da spritzt ja Wasser, höher als unser Mast ist.

Matrose 3:    Es liegt genau auf unserem Kurs. Wir werden gleich daran vorbeikommen.

Kapitän:    Was mag das nur sein? Ein Unterwasserriff gibt es hier doch nicht.

Ibn Majid:    Nein, die gibt es hier nicht. Vielleicht ist es ein Wal. Aber nein, Wale spritzen ganz anders, und außerdem habe ich in dieser Gegend zu dieser Jahreszeit noch niemals Wale beobachtet.

Matrose 1:    Wir werden es gleich genau sehen können.

Alle Matrosen:    (sehr erschreckt) Oh Schreck, oh Graus, Allah bewahre uns vor dem neunmal geschwänzten Teufel!

Sie fallen auf die Knie. Jetzt kommen unter Musikbegleitung zwei Riesenkraken auf die Bühne und tanzen den Krakentanz, wobei sie sich umschlingen und das Wasser peitschen. Als der Tanz beendet ist, sagt der Kapitän.

Kapitän:    Das sind ja zwei Kraken. Aber das kann doch nicht sein. Die sind ja fast so groß wie unser Schiff.

Matrose 1:    Schau, wie sie sich umschlingen und ihre Arme das Wasser peitschen!

Matrose 2:    Sie scheinen zu kämpfen.

Ibn Majid:    Perlentaucher haben mir oft von großen Kraken berichtet. Aber diese hier sind mindestens hundert mal größer als diejenigen, von denen sie erzählten.

Alle schauen jetzt in eine andere Richtung, so, als ob sie an den Kraken vorbeigesegelt sind. Die Kraken verlassen die Bühne.

Matrose 3:    Da, jetzt sind sie verschwunden.

Matrose 1:    Sie sind wieder in die Tiefe gesunken, dorthin, wohin sie gehören.

Kapitän:    Lasst uns Allah Dank sagen! (Alle knien sich hin) Wir danken Allah für seinen Schutz vor den Ungeheuern der Tiefe.

....

Leseproben Aufführungshinweise:

1.2    Die Gefahren des Meeres

Die arabischen Seefahrer begannen vor mehr als 1000 Jahren mit dem Seehandel über das Arabische Meer. Sie bauten sich einfache Segelschiffe, Dhaus, und nutzten die jahreszeitlich wechselnden Mosunwinde aus, um relativ sicher ihre Ziele anzusteuern.

Für die Fahrt von Afrika nach Indien waren die Monate zwischen Juli und Oktober sinnvoll, denn dann wehte der Monsun vorwiegend aus Südwesten. Die Rückreise dagegen wurde meistens zwischen November und März anberaumt, weil die vorherrschende Windrichtung dann Nordost war. Die Ladungen der Dhaus bestand aus einer breiten Palette von Gütern wie z.B. Reis, Zucker, Salz, Kupfer, Holz, Gewürze, Perlen, Elfenbein und Porzellan.

Die Überfahrt war sehr gefährlich, denn vor allem der Juli-Oktober-Monsun trägt oft plötzliche Windböen mit sich, so dass viele kleinere Schiffe gekentert und ihre Besatzungen umgekommen sind. Auch heute werden noch Dhaus gebaut und benutzt. In alter Tradition werden sie immer noch per Hand und ohne Technologie gesegelt. Als Überbleibsel aus einer vorindustriellen Zeit verkörpern sie einen romantischen Lebensstil und genießen trotzdem bis heute kommerziellen Nutzen durch ihre Dattel-, Pistazien- oder Sultaninenfracht.

Neben den Gefahren, die den arabischen Seglern durch die Sturmböen des Monsun drohten, werden in diesem Theaterstück weitere Abenteuer genannt. Das sind zum einen die Riesen-Kraken des zweiten Aktes und zum anderen der Vulkanausbruch und die große Welle in den Akten drei und vier.

1.2.1    Kraken

Die Kraken gehören zu der Gattung der Weichtiere. Ihre übergeordnete Bezeichnung heißt Kopffüßer. Die Kopffüßer besitzen in ihrem Inneren Hohlkammern, so dass sie ihr Eigengewicht ausgleichen und frei im Wasser schweben können. Sie sind Meeresbewohner und ernähren sich von Krebsen, Fischen und Muscheln. Ihre Beute fangen sie auf zwei verschiedene Weisen. Zum einen gleiten sie dicht über dem Meeresgrund und wühlen diesen mit einem Wasserstrahl aus ihrem Trichter auf. Die so aufgescheuchten Tiere erfassen sie mit ihren Fangarmen. Zum anderen ergreifen sie ihre Beute von oben, indem sie sie mit ihren Tentakeln greifen, sie beißen und mit giftiger Speichelflüssigkeit lähmen oder töten. Bei Gefahr können alle Kopffüßer zu ihrer Tarnung Tinte ausstoßen, die in einer Drüse gebildet wird.

Vorschläge für Bühnenbilder:

Blick auf den Hafen von Mombassa 
(1. Akt, Mitte)

Zwei ineinander verschlungene Kraken 
(2. Akt, mitte)

Fotos:

 

 

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